Buchtipp vom

Grete Weil

Der Weg zur Grenze

Einer der eindrücklichsten und bewegendsten Romane in diesem Jahr ist für mich „Der Weg zur Grenze“ von Grete Weil, erschienen im C.H. Beck Verlag. Er ist bisher nie erschienen und seine Veröffentlichung jetzt bedeutet eine echte Entdeckung.

Grete Weil (1906-1999) war eine deutsch-jüdische Fotografin und Schriftstellerin, die ihren Mann Edgar Weil im KZ Mauthausen verlor. 1943 tauchte sie in Amsterdamer Exil in einer Wohnung eines Freundes unter, und war dort sehr aktiv im Widerstand der deutsch-niederländischen Widerstandsgruppe „Hollandgruppe Freies Deutschland“ tätig.
In diesem Versteck schrieb sie im kalten Kriegswinter 1944/45 unter unglaublichen Bedingungen „Der Weg zur Grenze", ihren ersten Roman, der sich stark an ihrer eigenen Autobiografie orientiert.

Die Rahmenhandlung beginnt 1936, die junge jüdische Münchnerin Monika Merton wird von der Gestapo gesucht und trifft auf ihrer Flucht nach Österreich den jungen Dichter Andreas, dem sie ihre tragische Liebesgeschichte erzählt. So lernen wir Leser in einer erschütternden Tour de Force durch die Weimarer Republik und NS-Zeit die Geschichte einer großen Liebe kennen, die tödlich endet. Tatsächlich geht dieser Roman aber weit über eine "Liebesgeschichte" hinaus.

Bemerkenswert ist die Beschreibung über Alltag und Widerstand in NS-Zeiten, der abwartenden Haltung der meisten Deutschen gegenüber der politischen Entwicklung, dem aufkommenden Nationalsozialismus und Antisemitismus, Hitlers Machtergreifung  und den Verbrechen des NS-Regimes.

Erfahrungen von Ausgrenzung, Isolation und Verfolgung, die Grete Weil erleben und erleiden musste.

In ihrem Erstlingsroman verbinden sich Autobiografie und Zeitgeschichte und dies macht ihn zu einem bedeutsamen literarischen Werk der Erinnerungskultur.

Gerne möchte ich zuletzt auf das bereichernde Nachwort der Literaturwissenschaftlerin Ingvild Richardsen hinweisen. Hier erfahren wir die Lebensgeschichte Grete Weils und insbesondere auch ihr Wirken im Widerstand. So schrieb Weil für die Marionettenbühne „Gefesseltes Theater“ Theaterstücke auf, in denen das aktuelle Geschehen und die Verbrechen der Nationsozialisten thematisiert wurden.

 

Eine Empfehlung von Viviana Korn

 

C.H.Beck, 384 Seiten, 25,- Euro

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